Die Brandmauer ist gefallen!
Historische Wende im Bundestag: CDU und FDP überwinden erstmals Abgrenzung zur AfD

Deutscher Bundestag Innenansicht

Bildquelle: cg

Überraschende Zusammenarbeit im Parlament

29.01.2025 - Die politische Landschaft in Deutschland ist geprägt von unterschiedlichen Parteien und ihren jeweiligen Positionen. Dabei kam es am jüngsten Sitzungstag des Deutschen Bundestags zu einer bislang einzigartigen Konstellation: CDU/CSU, FDP und AfD stimmten gemeinsam für den Antrag zur Ausweitung von Zurückweisungen an den Grenzen.

Dies ist insofern bemerkenswert, als bisher stets eine sogenannte „Brandmauer“ zwischen den etablierten Parteien und der AfD gezogen wurde. Diese Brandmauer war als unüberwindbare Grenze gedacht, die jede Form der Zusammenarbeit ausschloss. Dass nun die Brandmauer teilweise eingerissen scheint, sorgt für ein großes mediales Echo und wird kontrovers diskutiert.

Was war passiert?

Der Bundestag hat sich mit dem „Fünf-Punkte-Plan“ zur verschärften Migrationspolitik beschäftigt. Während der zweite Antrag der Union zum Thema kein Mehrheit fand, stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten für den ersten Antrag, der mehr Zurückweisungen von Asylsuchenden an Deutschlands Grenzen vorsieht.

  • 348 Abgeordnete stimmten mit „Ja“
  • 345 Abgeordnete stimmten mit „Nein“
  • 10 Abgeordnete enthielten sich (darunter auch FDP-Mitglieder)

Dieses knappe Abstimmungsergebnis kam nur deshalb zustande, weil neben CDU/CSU und FDP auch die AfD-Fraktion sowie einige fraktionslose ehemalige AfD-Mitglieder zustimmten.

Reaktionen aus den Parteien

Das Ergebnis sorgte für turbulente Szenen im Plenum. Auf der einen Seite bekundeten SPD und Grüne lautstarken Unmut und sprachen von einer „Zäsur“, während Unionsfraktionschef Friedrich Merz bedauerte, dass sich diese Mehrheit bildete. Er machte jedoch deutlich, dass er weiterhin in der sogenannten „demokratischen Mitte“ um Mehrheiten werbe.

Die AfD hingegen triumphierte offen und sprach sogar von einer „neuen Epoche“. Zugleich gab es jedoch Spannungen, da Teile der AfD Merz vor und nach der Abstimmung beleidigten. Dadurch wurde die ohnehin angespannte politische Atmosphäre zusätzlich aufgeladen.

Die Bedeutung des „Brandmauer“-Begriffs

Mit „Brandmauer“ ist in der deutschen Politik die strikte Abgrenzung der etablierten Parteien von der AfD gemeint. Keine Zusammenarbeit, kein gemeinsames Handeln, keinerlei Kompromisse lautete der Grundsatz.

Dies sollte die AfD politisch isolieren und verhindern, dass sie durch Kooperationen an Einfluss gewinnt. Gleichwohl hat diese Praxis immer wieder zu hitzigen Diskussionen geführt, denn sie stellt zugleich einen großen Teil der Wählerinnen und Wähler, die sich für die AfD entschieden haben, in gewisser Weise an den Rand des politischen Diskurses.

Warum der „Fall der Brandmauer“ demokratisch sinnvoll ist

Eine funktionierende Demokratie lebt davon, dass Mehrheiten gefunden werden können – unabhängig davon, welche Parteien sie bilden. Mit Blick auf den Charakter demokratischer Wahlen ist es ein normaler Vorgang, dass unterschiedliche Parteien miteinander abstimmen, selbst wenn sie in vielen Fragen konträr zueinanderstehen.

  • Wählerwille respektieren: Die AfD ist demokratisch gewählt und somit im Bundestag vertreten.
  • Mehrheit durch Sachorientierung: Gerade in Sachfragen kann es Sinn ergeben, über ideologische Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten.
  • Verantwortung für das Gemeinwohl: Der politische Fokus sollte auf Lösungen liegen, die dem Land dienen – ungeachtet der parteipolitischen Herkunft.

Die künstliche Abschottung durch eine Brandmauer führt zu einem Ausschluss einer erheblichen Wählerschaft vom Willensbildungsprozess. Die jetzt erfolgte Abstimmung im Bundestag zeigt, dass es auch anders geht: Eine inhaltliche Übereinstimmung in einer konkreten Frage hat zu einer gemeinsamen Mehrheit geführt.

Ein Präzedenzfall für künftige Zusammenarbeit?

Dieser Vorfall könnte weitreichende Konsequenzen haben. Zum ersten Mal verhalf die AfD-Fraktion einem Antrag einer anderen Fraktion im Bundestag zu einer Mehrheit. Das gilt aus zweierlei Gründen als historisch:

  • Der strikte Grundsatz, jegliche Kooperation mit der AfD zu vermeiden, wurde erstmals sichtbar durchbrochen.
  • Die Signalwirkung für mögliche zukünftige Abstimmungen ist enorm: Wird sich die CDU/CSU oder auch die FDP in Zukunft bewusst von potenziellen Stimmen der AfD distanzieren oder sie weiterhin in Kauf nehmen?

Dass dieses Ereignis für hitzige Debatten in und außerhalb des Bundestages sorgen würde, war zu erwarten. Doch im Kern handelt es sich um einen völlig normalen demokratischen Vorgang: Parteien stimmen auf Basis ihrer inhaltlichen Positionen ab und versuchen, Mehrheiten zu organisieren.

Fazit: Ein natürlicher demokratischer Schritt

Die Aufregung um den vermeintlichen „Fall der Brandmauer“ zeigt, wie stark die Ablehnung der AfD innerhalb des politischen Establishments verankert ist. Dennoch ist es ein demokratisches Prinzip, miteinander zu debattieren und in Sachfragen zusammenzukommen, wenn dies der Mehrheitsfindung dient.

Auch wenn die Zusammenarbeit zwischen CDU/CSU, FDP und AfD nur in einem spezifischen Punkt – mehr Zurückweisungen an den Grenzen – zustande kam, ist der Vorgang historisch und könnte einen Präzedenzfall dafür schaffen, in Zukunft pragmatisch über Inhalte zu diskutieren, anstatt politische Dialoge strikt auszuschließen. Die Demokratie lebt vom Austausch verschiedener Meinungen; eine Brandmauer, die ein Viertel der Wählerschaft ausklammert, schwächt letztlich nur das politische System. (cg)

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