Warum gilt Glücksspielwerbung nur für Schleswig-Holstein?

Seit einiger Zeit läuft in den Medien immer wieder Werbung zu Glücksspielportalen, die mit dem Hinweis versehen ist, dass die Reklame nur an Kunden aus Schleswig-Holstein gerichtet ist. Sogar im Fernsehen findet man solche Werbung im Programm, mitunter mit prominenter Unterstützung. Mal wird deutlich mit “nur für SH”, also Schleswig-Holstein, geworben, mal steht es als Disclaimer im Kleingedruckten. Die Werbung selbst läuft jedoch auf allen Programmen und ist für ganz Deutschland sichtbar. Das hat einige Kritik ausgelöst, denn in den meisten Ländern ist das virtuelle Glücksspiel bislang verboten.

Wer eine Spielhalle im Netz besuchen möchte, die für Spieler in ganz Deutschland nutzbar ist, der findet entsprechende Online Casinos auf dieser Seite: onlinecasinopolis.de. Dort sind die bekanntesten Namen vertreten, doch die meisten haben eines gemeinsam: Sie besitzen nur Lizenzen aus europäischen Nachbarländern. Viele Casinos haben aufgrund der schwierigen Rechtslage den europäischen Weg gewählt und lassen sich auf Malta, Gibraltar oder in Curacao für den europäischen Markt lizenzieren, da es in Deutschland bis heute keine einheitliche Rechtslage für virtuelle Spielhallen gibt.

Ihr Argument ist dabei, dass europäisches Recht vor deutschem Recht steht und somit Glücksspiel nach europäischem Recht auch in Deutschland erlaubt sein müsste. In Deutschland sind Casinospiele wie Poker, Roulette und Automatenspiele jedoch in fast allen Bundesländern verboten. Auch Werbung dafür ist nicht erlaubt. 15 Bundesländer haben dieses Gesetz so unterschrieben. Nur ein Land sieht das anders. Und hier kommt schließlich Schleswig-Holstein ins Spiel.

Ein Überblick

Seit jeher sind die Verordnungen zum Glücksspiel Ländersache. Jedes deutsche Bundesland kann theoretisch seine eigenen Regeln durchsetzen. Damit jedoch kein Glücksspieltourismus entsteht, haben sich alle 16 Bundesländer an einen Tisch gesetzt. 2011 wurde der Glücksspieländerungsstaatsvertrag beschlossen, den fast alle Länder unterschrieben haben. Somit wurden Sportwetten und landbasierte Spielhallen lizenziert. Davon ausgenommen waren allerdings Online Casinos.

Schleswig-Holstein hat diesen Vertrag 2011 nicht unterzeichnet. Die Landesregierung beschloss, dass unter anderem auch Online Portale in diesem Bundesland lizenziert werden können. Und so begann der Schleswig-Holsteinische Sonderweg, der bis heute mit Unterbrechungen andauert. Ein paar Glücksspielportale bekamen die Lizenz aus diesem Bundesland, dürfen jedoch bis heute nur Spieler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein akzeptieren.

Das hatte die Debatte um Werbung zur Folge, die eigentlich nur Spieler in Schleswig-Holstein sehen dürften.

Ein Trick der Glücksspielportale?

Seit Jahren gibt es einen Streit zwischen den verschiedenen Vertretern der Glücksspielbranche und der Politik. Je nach Regierung wird entweder für die Casinos entschieden oder gegen sie. Die Ankündigung jedoch, dass am 1. Juli 2021 der neue Glücksspielstaatsvertrag dieses Mal von allen Ländern unterzeichnet werden soll, hat einige Online Casinos ungeduldig werden lassen. Denn spätestens dann sollen auch virtuelle Glücksspielportale erlaubt werden und eine Lizenz in allen Bundesländern erhalten.

Dass die Werbung für die Portale bereits läuft, wirkt jedoch verfrüht, denn noch gilt das neue Gesetz nicht. Lediglich Schleswig-Holstein lässt Online Glücksspiel derzeit zu. Und das machen sich einige wenige Unternehmen zunutze. Die Kritik, vor allem auch der anderen Glücksspielbetreiber, die keine SH-Lizenz besitzen, ist daher groß. Schließlich ist ihnen die Werbung auf deutschen Kanälen derzeit noch untersagt. Sie fordern, dass Schleswig-Holstein die breitflächige Werbung der SH-Lizenz-Casinos verbietet und nur auf das Bundesland beschränkt. Das ist jedoch vorerst nicht in Sicht.

Einen anderen Weg geht daher das Saarland, das sehr konkret gegen zwei der Betreiber vorgegangen ist und ein Verbot zumindest im saarländischen Teil des Internets durchsetzen konnte. Wie das Verbot jedoch genau umgesetzt werden soll, ist derzeit unklar. Somit wird der Streit über die Werbung wohl bis zum Juli 2021 so weitergehen, sollte nicht vorab eine drastische Gesetzesänderung verabschiedet werden.

Weitere Gesetzeslücken und Probleme

Doch die Werbung ist nur eine Seite der Medaille im Streit um die virtuellen Casinos in Deutschland. Die andere Seite ist der Streit um Europarecht und deutsches Recht. Wie erwähnt, berufen sich viele Glücksspielportale auf das europäische Recht, was ihnen gestattet, Glücksspiel zu betreiben, wenn eine Lizenz aus den besagten Ländern vorhanden ist. Ende Juni 2020 hat die Stadt Hamburg Strafanzeige wegen illegalen Glücksspiels gegen drei Casinobetreiber gestellt. Bwin, Tipico und Bet3000 betreiben bewusst neben den Sportwetten auch Casinospiele online, und die sind auch für Spieler in Deutschland nutzbar.

Die durch Sponsorenverträge mit dem FC Bayern München und Borussia Dortmund mitunter sehr bekannten Plattformen berufen sich hier auf das europäische Recht. Sie argumentieren, dass sie ihre Casinospiele, darunter Roulette, Poker, Blackjack und Automatenspiele legal betreiben dürfen, obwohl sie in 15 Bundesländern in Deutschland verboten sind. Die Stadt Hamburg sieht das jedoch anders. Sie sieht einen Verstoß gegen das derzeit gültige Glücksspielgesetz. Wie es bei diesem Streit ausgehen wird, ist noch nicht abzusehen.

Da jedoch auch hier spätestens im Juli 2021 alles neu geregelt wird, plädieren einige Bundesländer dafür, in der Zeit bis dahin das Glücksspiel auf den Plattformen zu dulden. Vor allem Hessen und Sachsen sehen keinen Grund, warum man die drei Casinobetreiber so kurz vor der Gesetzesänderung zu ihren Gunsten belangen sollte.

Nicht zuletzt hagelt es hierfür Kritik auch aus den Reihen der anderen Casinobetreiber, die derzeit nach Gesetz handeln und kein Glücksspiel für Spieler in Deutschland erlauben. Auch Suchtexperten warnen vor den laxen Bedingungen, die Spieler ermutigen könnten, auf diese Plattformen zu gehen, zumal mit den Regelungen 2021 neue Vorschriften gelten werden, die das Glücksspiel trotz Lizenzierung für Suchtkranke schwieriger werden lassen.

Der neue Glücksspielstaatsvertrag: Ein Einblick

Noch ist es nicht so weit. Dennoch sind schon jetzt ein paar neue Regelungen verkündet worden, die in Zukunft den Umgang deutscher Bundesländer mit Glücksspielplattformen im Internet regeln werden. So steht an oberster Stelle, den Graubereich des Online Glücksspiels mit einem festen Reglement für Spieler in Deutschland durchsichtiger zu machen. Bislang hatten deutsche Behörden auf Online Casinos, die im Ausland sitzen, keinen Zugriff. Das soll sich mit einer deutschen Lizenzierung ändern.

Und die hat mehrere Vorteile. Zum einen kann Deutschland endlich Steuereinnahmen über die Glücksspielbranche beziehen, zum anderen werden Spieler vor Betrug geschützt. Wenn es einheitliche Regeln gibt, können sich auch Spieler darauf verlassen, dass mit fairen Mitteln gespielt wird und gegebenenfalls Anzeige erstatten, wenn es Verdachtsfälle gibt.

Doch auch im Spielerschutz wird es konkrete Maßnahmen geben. Zum Beispiel können Spieler ab Juli 2021 nicht mehr als 1.000 Euro pro Monat verspielen. Auch die parallele Nutzung verschiedener Anbieter soll durch eine zentrale Datenbank dokumentiert werden. Schließlich soll auch die Glücksspielwerbung, die uns die derzeitige SH-Kontroverse liefert, stärker reglementiert werden. So wird ab Inkrafttreten des neuen Vertrags Werbung für Glücksspiel voraussichtlich nur noch ab 21 Uhr abends bis 6 Uhr morgens möglich sein.

Somit ist zumindest für die Diskussion um die Glücksspielwerbung nur für Schleswig-Holstein ein nicht mehr allzu fernes Ende in Sicht. (su)

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