Unterschiedlicher könnten die drei Theaterproduktionen, die Tollwood
in diesem Sommer präsentiert, nicht sein: hier das poetisch sanfte Zirkustheater
von Circolando, dort das Wein- und Bühnenerlebnis mit Teatro de los
Sentidos, und letztlich das harte, expressive Drama des Sèmola Teatre.
Jedes für sich ist ein Erlebnis. Allen gemeinsam ist die große, starke
Emotion, die nicht über die Sprache, sondern durch die Verbindung verschiedener
theatraler Künste wie Tanz, Bewegungstheater und Musik transportiert
wird.
Besonderes Highlight ist das preisgekrönte Teatro de los Sentidos des
Kolumbianers Enrique Vargas, der sich in seiner jahrzehntelangen Theaterarbeit
mit der Sprache der Sinne und der Kraft der Imagination beschäftigt
hat.
Mit der Tollwood-Theater-Trilogie holt Tollwood außergewöhnliches
Theater nach München und bietet den Zuschauern die Gelegenheit, sich
auf eine Reise der Sinne zu begeben.
Den Auftakt der Tollwood-Theater-Trilogie macht Circolando mit der Deutschlandpremiere
„Giroflé“ am 16. Juni. Das Künstlerkollektiv aus Porto schafft poetische
Bilder allein durch die Körpersprache, durch die Verschmelzung von Tanz,
Körpertheater, Akrobatik und Musik zu einer neuen Ausdrucksform. Die
tänzerisch-circensische Performance „Giroflé“ nimmt das Leben auf dem
Land als Folie für eine leise, das Akrobatische stets dem Erzählerischen
unterordnende Form des Nouveau Cirque. In kleinen Szenen entwickeln
die Protagonisten das Leben auf dem Land, rechen Laub, pflücken Orangen
oder suchen Holz im Wald. Der Zuschauer muss nur die Bereitschaft zum
Fühlen, Schauen und Träumen mitbringen, um sich in eine andere Welt
entführen zu lassen. Eine luftig leichte, hintergründig humorvolle Interpretation
der Beziehung zwischen Mensch und Natur.
Circolando (Portugal): Giroflé. 16. bis 26. Juni (spielfrei:
20., 23.6.)
Als zweite Deutschlandpremiere präsentiert Tollwood „La Memoria del
Vino“ des Teatro de los Sentidos. Nur 80 Besucher täglich haben die
Möglichkeit, an diesem außergewöhnlichen Theatererlebnis teilzuhaben,
die Geschichte des Weines von der Traubenlese bis zum Weinfest als dionysisches
Theaterspektakel zu erleben. Jenseits traditioneller Theaterkonzepte
setzt das Teatro de los Sentidos ganz auf die sinnliche Wahrnehmung
– die Kraft der Gerüche, die Verzauberung durch Farben und Klang, Schmecken
und Fühlen. Alle Sinne sind beteiligt, wenn man die kühle Maische frisch
geernteter Trauben unter den Fußsohlen spürt oder mit den anderen Besuchern
die Weinernte feiert. „Ein Strom an Emotionen, eine einzigartige Erfahrung,
die niemand versäumen sollte“, urteilte Le Figaro.
Eine wichtige Rolle bei der Theaterarbeit von Teatro de los Sentidos
spielt der Entstehungsprozess, wobei das Haupt-Augenmerk auf der Sprache
der Sinne liegt. In einer Welt der Reizüberflutung soll man kraft der
eigenen Imagination wieder Bilder erschaffen können, die einem nicht
durch die Medien vorgegeben werden. Bei dieser einzigartigen Theatererfahrung
kann man auch viel über sich selbst lernen - sofern man sich dem Prozess
öffnet. Denn die wichtigsten Mitspieler sind der eigene Körper und Kopf,
mit all ihren Erinnerungen und ihrer Fantasie. „Der Körper vergisst
nicht, vor allem, wenn wir ihm erlauben, sich zu erinnern“, so Enrique
Vargas über seine Theaterarbeit. Das Teatro de los Sentidos war bereits
vor drei Jahren mit dem umjubelten Theater-Labyrinth „Oraculos“ zu Gast
auf Tollwood und faszinierte die Besucher.
Teatro de los Sentidos (Kolumbien / Spanien): „La Memoria del
Vino“. 19. Juni bis 10. Juli (spielfrei: 20., 22., 27.6. & 4.7.)
Die Trilogie wird vervollständigt durch das spanische Ensemble Sèmola
Teatre und seine Produktion „Centvinticinc“ um Gewalt und Leidenschaft.
Sie handelt von der neurotischen Beziehung zwischen Mann und Frau als
Schauplatz für Krieg und Frieden, wobei der Frieden immer nur ein kurzes
Intermezzo ist. Fünf Menschen auf der Suche nach sich selbst, die, obwohl
ausgerüstet mit modernen Kommunikationsmitteln, die gemeinsame Sprache
verlernt haben. Kraftvolles, rücksichtsloses Körpertheater voller sexueller
und politischer Expressivität und Leidenschaft, hypernaturalistisch
in Gestik, Mimik und Bild, höchst dramatisch und doch zutiefst privat.
Ein theatraler Exzess, der zugleich verstört und begeistert. Das Sémola
Teatre, eines der bedeutendsten spanischen Aktionstheater, wurde 1978
gegründet und erhielt Ovationen für seine neue Art kraftvollen, expressionistischen
Theaters. In den letzten Jahren hat es sich weg vom Spektakel und hin
zum konkreten Drama entwickelt. Auf dem Theaterfestival im französichen
Aurillac war die Premiere beifallumtost.
Sèmola Teatre (Katalonien): Centvinticinc. 30. Juni bis 8. Juli
(spielfrei: 4.7.)
Eintrittspreise Tollwood-Theater-Trilogie (Theater-Insel):
Teatro de los Sentidos: VVK: 22 €, erm. 19,50 €, zzgl. System- und VVK-Gebühren
AK: 26 €, erm. 23,50 €
Circolando / Sèmola Teatre: VVK: 20 €, erm. 17,50 €, zzgl. System- und
VVK-Gebühren, AK: 24 €, erm. 21 €
(Tollwood)