03.02.2025 - Also, bitte einmal eine dicke Portion Mitleid für die Christlich Demokratische Union, die sich so schön in die Klemme bugsiert hat. Man könnte meinen, Merz und seine tapferen Gefährten hielten es für eine brillante Idee, mal schnell einen migrationspolitischen „Kurswechsel“ auszurufen. Schließlich wünscht man sich ja nichts sehnlicher, als mit dem Wahlprogramm aus dem Verbund der Ampel-Gescheiterten ~ Pardon ~ Ampel-Regierung aufzuräumen und in der Migrationspolitik endlich mal richtig „durchzugreifen“. So viel Tatendrang ist rührend.
Doch, halt: Mit wem wollte man das noch gleich durchsetzen? SPD und Grüne werden vermutlich einen Teufel tun, die neu entdeckte Restriktion in der Migrationsfrage mitzutragen. Ausgerechnet die Parteien, denen man jahrelang Vorhaltungen bezüglich ihrer laschen Grenzöffnungspolitik machen konnte? Das wird eng. Zu eng. Ach Moment, da gibt es doch die AfD. Die steht in der Migrationspolitik verdächtig nahe bei der neuen, alten CDU-Attitüde. Nur: Ist das nicht diese Partei, mit der man lautstark niemals, niemals, nein wirklich niemals kooperieren wird? Zumindest nicht, solange sämtliche Kameras laufen und Zuschauer im Saal sind.
Man ahnt, wie der nächste Abend verläuft, wenn Merz` Ohr an Merkels drahtloser Kopfhörerleitung klingelt. Die Ex-Kanzlerin, längst im bequemen Ruhestand, teilt mit Cherubim-Lächeln neue Lektionen aus: „Aber Friedrich, du hattest doch auch mal Abgeordnete, die den Grenzöffnungen applaudiert haben! Schon vergessen?“ – Klar, ganz vergessen kann man das in der CDU nicht, war doch 2015 das Mutti’sche Mantra: Grenzen auf, gern auch als Torschuss fürs eigene Dasein als Weltretterin.
Aber das ist nicht die einzige verbale Pirouette, die unseren Christdemokraten auf die Füße fällt. Denn kaum beschließt man großspurig, die Atomkraftwerke quasi unter Denkmalschutz zu stellen und sich niemals wieder von den Grünen im Energiesektor zum Ausstieg drängen zu lassen, muss man sich fragen: Wer hat damals eigentlich euphorisch die Energiewende angekurbelt? War das nicht eine gewisse CDU-Kanzlerin, die Herr Merz jetzt gerne als Einflüsterin abtun würde, wenn’s ihm denn ins Konzept passte? Gut, vergessen wir die Details.
Nun droht aber das große Koalitions-Orakel: Wer könnte den CDU-Programmen jemals zustimmen? Die SPD? Eher würden Olaf Scholz und Kevin Kühnert im Duett die Wintergrillen füttern, als die in Teilen recht rigide Migrations- und Wirtschaftspolitik der CDU abzunicken. Und die Grünen sähen sich lieber in endlosen Sitzungen festgeklebt, bevor sie sich auf Merz` Abkehr vom Windrad-Eldorado einließen.
Bliebe also nur eine Politik nach dem Motto: „Erst mal ankündigen, wir haben doch ein Programm! Und wenn wir dann regieren müssen – ja, dann wird’s halt ausgehöhlt, gekürzt oder stillschweigend beerdigt.“ Man nennt es auch Realpolitik, in der CDU gern umschrieben als „kreative Problemlösungskompetenz“.
Doch für all jene, die die CDU als große Hoffnung für restriktive Migrationskonzepte sehen, bleibt eben dieser klitzekleine Haken: Ohne Partner wird’s schwer, ein solches Programm durch den Bundestag zu hieven. Die AfD ist tabu – sagt die CDU (und so muss es ja auch sein, versteht sich). Also könnte uns ein weiteres CDU-Mantra blühen: „Wir haben ein Sofortprogramm, das wir sofort verschieben, bis wir jemanden finden, der es unterschreibt.“
Und so sitzt die CDU jetzt in ihrer eigenen Murmelbahn: Geradeaus rauschen, Kurven zischen, Bremsen quietschen – aber so richtig ankommen? Schwierig. Wenigstens bleibt Zeit, sich auf den Weg der nächsten großen Kehrtwende vorzubereiten. Merz wird vorsichtshalber schon einmal warme Ohren haben – bei all den Zurechtweisungen aus höchster Ex-Kanzlerinnen-Riege. Und wir alle dürfen gespannt sein, wie viel „Kurs halten“ nach der Wahl noch übrig ist, wenn der Dilemmavogel am Horizont kreischt. Und zwar mit dem sanften Refrain: „Ohne Partner kein Koalitionsvertrag, ohne Koalitionsvertrag kein Sofortprogramm, aber Hauptsache, wir haben mal drüber geredet.“ (cg)
geschrieben von: Ex-CSUlerin (keine E-Mail Angabe), am: 03.02.2025 - 20:11
Ach, die CDU – immer für eine Überraschung gut! Da beschließt man auf dem Parteitag vollmundig ein Sofortprogramm, das nach der Wahl umgesetzt werden soll. Klingt erstmal nach einem starken Plan. Doch wenn man sich anschaut, mit wem diese Pläne realisierbar wären, kommt das große Rätselraten: Die SPD und die Grünen winken bei den Kernpunkten ab, die AfD ist angeblich für alle Zeiten ausgeschlossen – bleibt also nur ein großes Hoffen auf absolute Mehrheiten, die in der politischen Realität kaum zu erreichen sind. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit Merz von „Kurs halten“ spricht, während er auf einer Strecke fährt, die noch gar nicht existiert. Dass die CDU einst selbst die Tore für die Migration geöffnet und die Energiewende angestoßen hat, scheint plötzlich keine Rolle mehr zu spielen. Glaubwürdigkeit? Ach was, wer braucht schon eine konsistente Linie, wenn man auch einfach jede Wahl neu erfinden kann? Vielleicht wäre es an der Zeit, sich einzugestehen, dass die CDU ohne echte Partner weder ein Sofortprogramm noch einen Politikwechsel umsetzen kann. Aber das wäre ja Realpolitik – und die scheint auf diesem Parteitag genauso Mangelware zu sein wie ehrliche Antworten auf die Frage: „Und wer macht das jetzt mit uns?“